Charlie November
EVA GRUBINGER / AUT
*1970, lebt und arbeitet in Berlin
Eva Grubingers Charlie November besteht aus Fahnen, deren Muster mit denen für „Charlie“ und „November“ im internationalen Flaggenalphabet übereinstimmen. Dieses visuelle Alphabet stammt aus der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts und wird heute teilweise durch Morsecode und elektronische Nachrichten ersetzt. Es enthält eine Vielzahl von Codes für die Kommunikation auf See. Das Paar, das Grubinger ausgewählt hat – ihr scheinbarer Vintage-Charakter und die lange Geschichte, auf die das leicht verwaschene Weiß hinweist – bieten ein starkes Gegensatzpaar: „Charlie“ bedeutet positiv und „November“ bedeutet negativ. Wenn sie übereinander angehoben werden, „NC“, präsentieren sie ein Notsignal, das auch in diesem Zusammenhang relevant erscheinen könnte.
Grubingers Präsentation berücksichtigt ein drittes Element, den starken Wind, der bewirkt, dass die Flaggen ununterbrochen nebeneinander flattern, eine Art Signalstörung oder Kommunikationsunterbrechung, eine konstante, strittige Gleichzeitigkeit von Ja / Nein, als ob das Kunstwerk mit sich selbst streiten würde. Im Kontext dieser Ausstellung und ihrer Reflexion über den aktuellen Stand Europas anhand der maritimen Metapher, Flagge zu zeigen, weist die Geste nicht auf einen Mangel an Bedeutung hin. Vielmehr verdichtet Charlie November in einer strukturell instabilen visuellen Form einen historischen Moment nervender Unentschlossenheit, mangelnder Klarheit und Blockade. Es ist ein internationales Flaggensignal für einen Kontinent, der effektiv auf See ist: sowohl zunehmend innerlich zerrissen als auch umstritten, ohne Gewissheit, in welche Richtung uns die wechselnden Winde blasen werden.
Quelle: https://www.kunstforum.de/nachrichten/kunstparcours-flagge-zeigen/